Malte Bruns, Creature feature, KV Ludwigshafen

bis 14.1.2023

In quietschbunten Bonbonfarben begrüßt die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Ludwigshafen den Besucher im ZOOM Quartier in der Rhein-Galerie. Malte Bruns schafft Räume, sowohl seine Kreaturen als auch die Ausgestaltung des Raumes bzw. Präsentation im Gesamtzusammenhang sind von ihm geplant, entwickelt und inszeniert. Alles ist aufeinander abgestimmt und der Raumeindruck setzt seine Kunst in Szene, die einzelnen Werke wirken somit zusammen und ergänzen sich zu einem stimmigen Gesamtkonzept.

Blick in die Ausstellung

Die Kreaturen, die Malte Bruns erschafft, werden am Computer geplant und mittels 3D-Druckern materialisiert. Dann überarbeitet er sie, die Spuren bleiben sichtbar stehen und verwischen den Eindruck, dass sie von Maschinen erschaffen wurden. Sie sind aus Einzelteilen zusammengesetzt und aus technischen Gründen mit Entlüftungskanälen oder mit Lüftungsschlitzen versehen. Da das Material weiter arbeitet und Dämpfe freisetzt, müssen diese aus dem Inneren ausgeleitet werden, sonst könnte die Figur reißen oder gar platzen. Bruns macht sich diese Eigenschaft zum Vorteil, da die angesetzten runden Entlüftungskugeln die bewußt angestrebte technoide Wirkung unterstützen. Geknetete Formen verbinden die einzelnen plastisch ausgearbeiteten Teile und lassen aus den amorphen Einzelstücken letztlich die Kreaturen erstehen, die als künstlich-organische Mischwesen wie am Reißbrett geplant und im Labor gezüchtet erscheinen.

Neben den großen plastischen Ausformungen existieren auch Fotos, Videos und Körperabformungen von Malte Bruns. In den Videos ist die Bewegung stark zurückgenommen, kaum wahrnehmbar ereignet sich etwas. Es gibt keine Schnitte, wie in Superzeitlupe eingefangen, muss man sich Zeit nehmen, um den zähen Ablauf zu erfassen. Die Videos wirken fast wie Fotografien, da die Bewegung in quälend langen loops zu erstarren scheint. In seiner Plastik „Early Bloomers“ kombiniert Malte Bruns drei Silikonabformungen seines Gesichts mit einem Industrie-Schaum, der die Hohlräume ausfüllt und in lastender Schwere wie geborstenes Material hervor-, herunter- und herausquillt. Weich und wabernd gibt er den Gesichtsfragmenten einen schauerlichen Rahmen. Der obere Teil steht über einen Stab auf einem Finger, der gläserne Sockel darunter enthält allerlei angesammelten Ateliermüll. Teile des Künstlers sind somit oben in der Plastik als Abformung als auch unten im Sockel als personalisierter Zivilisationsmüll sinngebend eingebunden.

Die Gestaltung bzw. Ausgestaltung des Ausstellungsraumes ist als ein verbindendes Element angelegt. Hier in Ludwigshafen ist der ganze Fußboden mit einem knallgelben Fließ bedeckt, die Sockel der großen Plastiken, die aus einzelnen Styroporelementen zusammengesetzt sind, sind rosa gefärbt. Die Farbigkeit der Plastiken wird somit aufgenommen und eingebunden, alles scheint aufeinander abgestimmt und miteinander in Bezug gesetzt. Dabei spielt auch das Kunstlicht eine wichtige Rolle, da die Neonröhren für die Labor-Atmosphäre und die technoide Wirkung von zentraler Bedeutung sind. Das Licht spiegelt sich auch in der Abtrennung des großformatigen, dreiteiligen Werkes „Born to be raised“, das zunächst einmal nur hinter einem transparenten Plastiklamellenvorhang zu sehen ist. Trotz der Vereinheitlichung des Raumes muß man sich diesen erschließen und die Abtrennung ist Sichtschutz, Verunklärung und Schwerpunktsetzung zugleich. Wie verschiedene Arbeitsbereiche in einem Labor, die inselhaft für sich bestehen, aber nur innerhalb eines Gesamtzusammenhangs ihre Daseinsberechtigung erlangen, fügt sich alles zusammen. Was zunächst einmal klinisch sauber wirkt, ist aber grundsätzlich ein „schmutziges Geschäft“, wie die Arbeit „Blood, Sweat and Tears“ zeigt. Es ist der Arbeits-Sweater von Malte Bruns, der im Eingangsbereich in einem der beiden Schaufenster hängt und von der handwerklich-gestalterischen Arbeit eindrucksvoll Zeugnis ablegt.

Die Kreaturen wirken organisch und technoid, sie sind eine Mischung aus analogem plastischen Arbeiten und ihrer digitalen Konzeption am Notebook. So als würde man die alten Horrorfilme der 50er Jahre, wie etwa „Creature from the black lagoon“ in einem neuzeitlichen Remake plastisch darstellen. Es gibt auch Anklänge an Androiden in ScienceFiction-Filmen. Alle diese Quellen sind zu spüren und doch beinhalten die Werke von Malte Bruns durch ihre Einflüsse aus der modernen Biotechnologie, KI, Morphologie und der Robotertechnik eine Verankerung in der Moderne, die sie als eigenwillige Solitäre in einer bonbonbunten Welt ausweisen.

www.maltebruns.com

Born to be raised, 2022

Kunstverein Ludwigshafen, ZOOM Quartier (Rhein-Galerie), Im Zollhof 4, 67061 Ludwigshafen

Di-Sa 11-20 Uhr (So, Mo, Feiertags geschlossen)

www.kunstverein-ludwigshafen.de

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