Sonja Maria Kaas. Reality bites, Port25 Mannheim

bis 20.7.2025

Im Rahmen des OFF//FOTO Festivals 2025 stellt der Port25 sein Foyer für eine besondere Ausstellung zur Verfügung. „Reality bites“ von Sonja Maria Kaas ist ein Ausstellungs-Projekt das über mehrere Wochen Vorbereitungszeit entstanden ist und den progressiven Verfall, die Zerteilung und Veränderung von Sperrmüllhaufen im Mannheimer Stadtteil Jungbusch dokumentiert. Es ist sozusagen ein Heimspiel für den Port25 und ausgesuchte Teile der Sperrmüllhaufen befinden sich als Installation aufgebaut im erweiterten Eingangsbereich gruppiert. An den Betonwänden hängen die fotografierten Haufen, deren schleichender Verfall und die damit verbundene Verwandlung von Sonja Maria Kaas festgehalten wurde.

Gerade im Jungbusch scheint Verlass darauf zu sein, dass die Haufen nicht am nächsten oder übernächsten Tag abgeholt werden. Somit zeichnet Kaas in ihren Bildern einen Wandel, der uns allen geläufig ist. Dinge kommen hinzu, die Tektonik des Haufens ändert sich durch das Durchwühlen und Dinge verlassen den Standort als mitgenommene Fundsache. Selbst wenn also nichts dazu käme oder nichts mitgenommen würde, bliebe der Haufen nicht derselbe. Die Sammler-und-Jäger-Mentalität der Passanten sorgt dafür, dass sich ein Sperrmüllhaufen ständig verändert. Er wird im worteigensten Sinne auf den Kopf gestellt, durchwühlt und umgeschichtet. Objekte des einen Haufens tauchen dann auch wieder an anderer Stelle auf oder aber auch in anderen Haufen. Mitgenommen und dann doch für abstellenswert bzw. als nicht dauerhaft bleibenswert in den eigenen vier Wänden eingestuft, werden sie in den Kreislauf zurückgeführt.

Die Haufen werden in den Fotos freigestellt und zur besseren Übersichtlichkeit mit farbigen Hintergründen hinterlegt. Wohlüberlegt korrespondiert die Farbe des Hintergrundes mit Stücken aus den Haufen. Der einfarbige Hintergrund bewirkt zudem die Konzentration auf den Haufen und eine Herauslösung des Haufens aus seinem Kontext. Es lässt sich so auch klar zuordnen, welche Veränderungen welcher Haufen durchlaufen hat. Nichts lenkt vom Blick auf den Haufen ab, keine Nebensächlichkeit lässt eine nachträgliche Verortung des Haufens oder einen zu persönlichen Blick auf dessen Umfeld zu. Es ist ein unverstellter Blick auf unsere Wegwerfgesellschaft und der sisyphosartige Versuch einiges davon zu retten, führt doch nur zu einem Wandel, zu einer Veränderung der Struktur nicht aber zu einer Veränderung des Denkens.

Die räumliche Installation inmitten des Raumes zeigt, was alles weggeworfen wird und dass vieles von diesen Objekten doch noch brauchbar wäre. Es ist eine sorgsam gewählte und auch inszenierte Anhäufung. Einige Gegenstände, die Kaas an darauffolgenden Tagen noch holen wollte, hatten schon einen neuen Besitzer und andere waren zerstört oder mit Müll überhäuft. Aber so wie Kaas in die Gestalt der Haufen eingegriffen hat, so haben es viele andere vor und nach ihr ebenfalls getan. Und was bleibt am Ende übrig? Nur Müll, der irgendwann abgeholt und in die Deponie zur Entsorgung verbracht wird. „This is the end, my friend“ heißt es bei den Doors, aber hier bei Kaas leben ein paar der Sperrmüllhaufen als Fotografie und Teile davon als Installationsobjekte weiter.

www.port25-mannheim.de

Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstraße. 25-27, 68159 Mannheim
Mi-So 11-18 Uhr, Der Eintritt ist frei

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