bis. 3.8.2025
Bunt, schrill und ganz viel Plastik ist der erste Eindruck, der sich dem Betrachter der aktuellen Ausstellung des Mannheimer Kunstvereins aufdrängt. Die Künstlerin Gaby Peters hat dafür den Titel NEXT LEVEL gewählt. Und um dieses next level geht es in ihrer Ausstellung wie auch eigentlich bei allen ihren Werken. In allen ist eine weitere, andere Ebene der Bedeutung angelegt, man erkennt sie oftmals nicht sofort, daher lohnt es sich genau hinzusehen, zu lesen und zu entdecken. Spielerisch nähert sich Peters diesem next level, das was sich vordergründig abspielt, das was man zunächst wahrnimmt, ist nicht das, auf was Peters abzielt. Die Werke von Gaby Peters scheinen zunächst klar und bestimmt, aber nichts ist, wie es am Anfang scheint. Die Besucher sind wie Teilnehmer in ihrem bunten Videospiel und dürfen versuchen das nächste Level zu erkennen bzw. zu erreichen.

Es dreht sich an verschiedenen Stellen, die extra angefertigten Objekte und Maschinen laufen in teils schneller teils sanfter Rotation gleichmäßig vor sich hin. Auf der sich drehenden Laufscheibe eines Wandobjektes steht mit Bedauern, dass es nicht in Betrieb ist, dabei läuft es im schnellen Rundlauf stetig im Kreis. Das Pendant auf der anderen Seite des Raumes steht still, es ist zu lesen, dass es in Betrieb ist. Es ist eine Art Stilisierung, ein In-Szene-setzen des Nutzlosen, man kann nicht erkennen, welche Funktion die beiden Objekte haben. Ihr Sosein ist eine Hommage an etwas, das erst erklärt werden muss, weil es einfach da ist und auf den Betrachter wirkt. Vergleichbar mit dem Foto eines Warnschild aus dem Internet: „Vorsicht, dieses Schild hat scharfe Kanten.“ Bei ihrer Installation „No milk today“ dreht sich eine Walze im Innern des wie auf Beinen stehenden Rundkörpers und verkündet fortwährend dieselbe Botschaft. Wie heißt es doch im Songtext des gleichnamigen Liedes: „How could they know just what this message means? The end of my hopes, the end of all my dreams…“ Auch bei Peters geht es um Hoffnungen und Träume. Aber nicht um eine Ende, so schlimm wird es ganz sicher nicht kommen.



Die aufblasbaren Schwimmobjekte von Gaby Peters sind nur auf den ersten Blick leicht und luftig. Die Schwimmreifen wirken bei genauerem Betrachten recht flach, sie sind nicht prall und rund, wie man das von ihnen kennt. Das liegt daran, dass Peters Gips in die aufblasbaren Objekte füllt und somit die Hohlräume versiegelt. Auch bei dem silbernen Schwan ist der Körper mit Gips gefüllt, die Flügel sowie Hals und Kopf sind dahingegen mit Luft aufgeblasen. Die Statik dieser größeren Teile wären ernsthaft in Gefahr, wenn alles mit Gips angefüllt wäre. Die ehemals leichten und prallen Reifen werden so zu schweren und eigentümlich flachen Objekten. Sie sind ihrer eigentlichen Funktion beraubt und werden – das next level betretend – zur Kunstinstallation. Besonders deutlich wird dies bei der „Lazy Brezel“, sie ist durch die Gipsbefüllung flach, aber auch so groß und schwer, dass ihr getrockneter Inhalt in einer Achse gebrochen ist und sie somit geknickt über Eck lässig an der Wand lehnen kann.



Im Emporenrundgang befindet sich die Installation „Sehnsucht“. Es ist ein Haufen von Konfetti über dem ein Ventilator schwebt. An dem Kabel des Ventilators befindet sich ein Schalter. Und wenn unten die Geräte, Maschinen und Objekte laufen, sich drehen und in Bewegung sind, dann wäre es doch gelacht, wenn man den Ventilator nicht auch einschalten und ihn samt Konfettihaufen in Schwung bringen könnte. Soviel zum Thema Sehnsucht: das ist es also, was der Betrachter gerne sehen und erreichen würde. Gaby Peters macht dieser Erwartungshaltung aber einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn das, was dem Betrachter vorschwebt, bleibt ein Sehnsuchtsgedanke. Die Länge des Kabels ist so bemessen, dass man zwar den Ventilator einschalten kann, er aber soviel Abstand zum Konfettihaufen hat, dass sich nicht mal ein Schnipsel des Konfettis bewegt. Auch wenn man den laufenden Ventilator anstösst und er sich über den Haufen bewegt, tut sich nichts. Und was bleibt ohne ein Erfolgserlebnis? Es bleibt die Sehnsucht…



Die bunte Welt der Gaby Peters ist voller Sehnsüchte, Träume, Erwartungshaltungen und Wunschgedanken, diese kommen auch in ihren collagenhaften kleinen Textarbeiten zum Ausdruck. Was zunächst wie eine anonymisierte Collage aus Zeitungsschnipseln aussieht, öffnet auf sprachlicher Ebene wieder ein weiteres Level. Peters arbeitet also nicht nur mit Bildern, Objekten, Installationen und Videos, sie benutzt eben auch die Sprache, um ihren Ideen und Einfällen nachzuspüren und diese dann dem Betrachter der Deutung zu überlassen. Die Textschnipsel sind klein und füllen nur einen Bruchteil der Bildfläche. Peters lässt oft auch Raum zwischen den Textstücken, als ob man ihn bräuchte, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Man muss also nahe herantreten und sich auf die Texte konzentrieren. Einige sind in englischer Sprache andere in deutsch und englisch zusammengestellt. Sie lassen sich nicht mal eben im Vorbeigehen lesen, sie sind so klein, dass man sich wirklich mit ihnen befassen muss. Und dieses Befassen, dieses Beschäftigen mit der Textaussage, der Übersetzung und den Zusammenhängen erzählt jedem eine kleine Geschichte und eröffnet schließlich tiefere Bedeutungsebenen.

Mannheimer Kunstverein, Augustaanlage 58, 68165 Mannheim
Di-So 12-17 Uhr, Mi 14-19 Uhr