Atelierbesuch bei: Rüdiger Krenkel

„Zentrales Element meiner Arbeiten ist Bewegung – die Bewegung meines Körpers in Übertragung auf das von ihm geführte Werkzeug, welches das Material formt.“ (Rüdiger Krenkel)

Vor dem Eingangstor des alten Mannheimer Klärwerks stehend, ist bereits deutlich zu erkennen, welchen besonderen Ort auf der Friesenheimer Insel man gleich betreten wird. Der aus Ziegelsteinen gemauerte Eingang ist halb zugewachsen und der Blick von außen über die Mauern zeigt weitere alte Gebäude und vereinzelt die Spitzen der großen plastischen Werke des Bildhauers und Steinmetzen Rüdiger Krenkel. Seit fast 20 Jahren ist er auf diesem Gelände und hat es zu dem gemacht, was es heute ist. Überall finden sich Arbeiten von Krenkel eingebettet in die wilde Struktur des Gartens, es ist wie ein kleiner Naturschutzpark auf einem Industriegelände, in den Kunstwerke integriert sind. Das gesamte Gelände ist 2025 zum Industriedenkmal erklärt worden, das alte Mannheimer Klärwerk mit seinen Gebäuden und Anlagen wurde von Krenkel über Jahre instand gesetzt, strukturiert, renoviert und somit aufgewertet. Es scheint unmöglich, dass ein einzelner die Energie und Schaffenskraft aufbringt und sich dieser Aufgabe gestellt hat. Und nicht nur gestellt, Krenkel hat sie auch vorbildlich gelöst.

Mit einer Ausbildung zum Steinmetz hat alles bei Rüdiger Krenkel begonnen. Diesen Handwerksberuf hat er mit einer Meisterprüfung abgeschlossen und danach noch ein freies Kunststudium an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken dran gehängt. Sein Diplom als Bildhauer erhält er dann an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Als Steinmetz hatte er schon mit Stein und auch mit Holz handwerklich und auch künstlerisch gearbeitet. Die Bildhauerklasse der Hochschule in Saarbrücken war ausgelagert im heutigen Weltkulturerbe der Völklinger Hütte. Hier macht Krenkel ganz natürlich seine Erfahrungen mit dem Werkstoff Stahl, das Dreigestirn seiner bildhauerischen Werkstoffe – Stein, Holz und Stahl – ist somit komplettiert. Noch bis heute sind das die drei Materialien, die er genauso in den kleinen wie auch in seinen großen Werken verwendet. Er hat ein besonderes Gespür vor allem für den Werkstoff Stein. Hier merkt man im Gespräch sehr schnell, dass die Bearbeitung des Steins sein Ausgangspunkt und seine erste große künstlerische Liebe war und ist.

Die Arbeiten im Garten sind sorgsam aufgestellt, teils scheinen sie aus der Vegetation herauszuwachsen, teils werden sie von den umgebenden Pflanzen umwuchert und müssen um ihren Platz kämpfen. Es lohnt sich mit offenen Augen durch den Garten zu laufen. Vieles entdeckt man erst auf den zweiten Blick, Krenkel scheint dies aber auch geplant zu haben, zumindest toleriert er, dass die Natur immer der Taktgeber für die Aufstellung und Wirkung seiner Werke ist. Die Becken des alten Klärwerks sind nur bei seinen Führungen zugänglich, was aber auch daran liegt, dass er dort der Biodiversität freien Lauf lässt und viele Pflanzen und Tiere in diesem Biotop ruhig wachsen bzw. leben können. Belohnt wird Krenkel im Sommer mit einem lauten Froschkonzert, mit einer Artenvielfalt und mit dem wunderschönen Blick auf ein Industriedenkmal, dass sich die Natur langsam zurückzuerobern scheint.

Die riesigen geschwungenen Stahlarbeiten entstehen draußen, hier nimmt sich Rüdiger Krenkel die Natur gerne zum Vorbild. Er schaut, wie es Halme und Gräser schaffen, den Naturgewalten zu trotzen. Diese Erkenntnisse fließen dann auch in den Aufbau seiner Plastiken ein. Immer wieder waren diese unter der Schnee- und Eislast abgeknickt und umgefallen. Immer war die „Sollbruchstelle“ ganz weit unten und somit gaben die Anregungen der Natur Aufschluss zu einer gestalterischen Lösung. Krenkel selbst sagt dazu: „Bögen, Linien, Höhlungen, Wölbungen, statische Strukturen und Geometrien, Labilität und leere Zwischenräume ordnen sich fließend, einer Logik folgend, zu ihrer zu entdeckenden Form.“ In sanften Schwüngen binden sich die großen Werke in die sie umgebende Natur ein. Sie ergänzen den Garten und setzen plastische Akzente, Krenkels einfühlsames Gestalten schafft keine Gegensätze und keine Verwerfungen. Er schafft etwas Neues, das so aussieht, als ob es immer schon da gewesen ist. Seine organische Formgestaltung ist sein Geheimnis, obwohl Stahl natürlich kein organischer Werkstoff ist.

Im Atelier im alten Pumpenhaus öffnet sich dann eine Welt aus ehemaligem Industriegebäude und aus kreativer Ateliersituation. Hier stellt er seine kleineren bis mittelgroßen Arbeiten aus. Es ist ein Ausstellungsraum, der allein schon durch seine Präsenz und Architektonik den Werken eine gewisse Aura verleiht. Auch hier dominieren organische Formen, alles scheint ihm aus den Händen zu wachsen und unter seiner Bearbeitung zu besonderen Stücken zu reifen. Krenkel spricht voller Respekt und Ehrfurcht von seinen Steinen, die er benutzt. Von den Fundorten, von der Farbe des Granits oder wie einfach oder schwer sich der Stein bearbeiten lässt. Auch aus allen seinen Steinen erwachsen organisch wirkende Gebilde, die Namensgebung unterstützt das fertig gestaltete Werk, dem damit noch eine eigene Geschichte, eine weitere Ebene hinzugefügt wird. Auch die Holzsorten sind für die Bearbeitung wichtig, hier gilt es der Maserung und dem Faserwuchs Rechnung zu tragen und materialgerecht zu arbeiten. Man sieht seinen Werken den qualitativen Anspruch ihres Schöpfers an. Sie sind kompositorisch und handwerklich herausragend gestaltet, was er als Handwerksmeister gelernt hat und was er aus Respekt für das Material und dessen Wirkung immer berücksichtigt.

Krenkel bietet übrigens Führungen über das Gelände an – etwas, das man sich nicht entgehen lassen sollte – zumal das ein relativ neues Angebot ist. Erst vor zwei Jahren hat Krenkel entschieden sich weniger als einen – wie er selbst sagt – nach „innen gerichteten Eigenbrötler“ sondern als einen offeneren und nach außen gerichteten Künstler zu zeigen. Er möchte heute alle Interessierten an seiner Arbeit, seiner Naturverbundenheit und seiner Kunst teilhaben lassen. Wer sich darauf einlässt, wird es nicht bereuen, denn wann kann man in einer Großstadt schon mal in einen solch einzigartigen und verwunschenen Ort der Stille eintauchen? Dass man dann auch noch was mitnehmen kann, macht die Sinneserfahrung nur noch reicher. Und das ist es, was Rüdiger Krenkel seinen Besuchern vermitteln und mitgeben kann. Eine Sinneserfahrung der besonderen Art, einzigartig schön, kreativ und wild.

www.ruedigerkrenkel.de

Altes Klärwerk, Friesenheimer Insel, Diffenéstr. 29-33, 68169 Mannheim

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